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Eine Internet-Präsenz steht und fällt mit ihren Inhalten. Design, Funktionalität und Programmierung der Webseite können noch so ausgeklügelt, kreativ und schön sein - sind die Inhalte uninteressant, veraltet oder gar falsch, wird der Besucher nicht wiederkommen. Umgekehrt gibt es Webseiten mit hervorragenden Inhalten, die sich jedoch in einem katastrophalen Erscheinungsbild präsentieren. Der hochwertige Content zieht die Besucher trotzdem immer wieder an.

Das ist die Macht der guten Inhalte. Sie ist kein Zufall.

Stell Dir vor, Du betrittst ein schickes Geschäft mit der Absicht, eine Hose zu kaufen. Deine Aufmerksamkeit gilt der Suche nach Personal, von dem Du Dir eine Beratung wünscht. Endlich fündig geworden, begrüßt Dich ein bestgelaunter Verkäufer mit den euphorischen Worten:[1]

„Wir sind ein leistungsstarkes Unternehmen mit Kompetenz und Innovationskraft, voller Kreativität und Flexibilität! Wir sind ein Team von Experten. Unsere fachliche Kompetenz ist gekennzeichnet durch die Qualität des Denkens und des Handelns. Das Fundament unserer Kompetenz ist einschlägige Ausbildung und reichhaltige Erfahrung. Kompetenz ist nicht Selbstzweck, sondern bedeutet für uns auch, zuhören zu können.“

Du denkst Dir: „Fein, dann kann ich jetzt mal nach einer Hose fragen“, und holst Luft.

Doch bevor Du das erste Wort sagen kannst, fährt der Verkäufer unbeirrt und freudestrahlend fort: „Die Märkte sind in Bewegung geraten. Was noch vor zwei Jahren ein geordnetes Nebeneinander verschiedener Anbieter in festen Gebieten war, ist längst einem Wettbewerb gewichen, der immer härter wird. Wir haben uns gut vorbereitet...“.

Schon wenig später bist Du stolzer Besitzer - nein, keiner Hose - sondern eines Geschäftsberichts mit hübschen Balken- und Tortendiagrammen und einem sehr ausführlichen Unternehmensportrait. Die Hose? Die hast Du in einem anderen Geschäft gefunden. Und weil der Service dort so gut war, empfiehlst Du es auch gerne weiter.

Die Macht der guten Inhalte

Die Macht der guten Inhalte wird heftig unterschätzt. Das mag dem Umstand zuzuschreiben sein, dass Inhalt mit Text gleichgesetzt wird. Es ist aber mehr als das.[2]

Schreiben kann jeder. Wir alle haben in der Schule mehr als einen Aufsatz geschrieben, und mittlerweile kann man mit zwei geschickt gewählten prompts die Texte sogar von der KI erstellen lassen. (SELFHTML erhält jede Woche 3-5 Angebote, dass jemand für uns Inhalte erstellt, die dann einen Link auf Gaming / Glücksspiel enthalten sollen.)

Schreiben ist jedoch nicht gleich Texten. Die Bedeutung dieses Satzes wird uns schlagartig klar, wenn wir unsere alten Aufsätze und Essays hervorkramen. Oder wenn wir uns an den letzten Dia-Abend bei unseren Nachbarn erinnern. Knipsen kann jeder, aber fotografieren?

Das Problem ist: Es gibt keine Applikation à la Photoshop, mit der wir den misslungenen Text bearbeiten können (man beachte den feinen Unterschied zwischen Textverarbeitung und Bildbearbeitung): Die Rechtschreibprüfung bewahrt uns nicht davor, inhaltlichen Unsinn zu verzapfen, und Thesaurus hilft uns nicht dabei, unsere Leser zum Kauf zu motivieren.

Inhalte müssen nicht nur gut sein. Sie müssen auch adäquat präsentiert und gezielt positioniert werden. Geschickt eingebundene, ansprechende Inhalte sind das erste Unterscheidungs- und Identifikations-Merkmal einer Website und des Unternehmens, das dahinter steckt. Wer sich versteckt, verliert. Ganz schön teuer in diesen Zeiten.

Zielsetzung und Zielgruppe

Bei jedem Unternehmen sollte man sich vorher fragen, welche Ergebnisse man erwartet. Auch für eine Webseite sollte man eigene Ziele formulieren und dann überlegen, für welche Nutzer dies interessant erscheint.

Um diese Frage zufriedenstellend zu beantworten, ist es sehr hilfreich zu wissen, wie sich ein User auf einer Webseite verhält. Warum ist er dort, wie ist er hingekommen und was will er dort?

Dabei kann die Analyse vorhandener Kundendaten helfen oder die Entwicklung von fiktiven Personas. Sie können der Zielgruppe ein Gesicht und einen Namen geben. Das macht es einfacher, später im Content Marketing die richtigen Worte zu finden. Worte, die von Ihrer Zielgruppe gelesen und verstanden werden und die zu bestimmten Handlungen wie Käufen, Buchungen oder Empfehlungen führen.


Viele Surfer haben ein großes Interesse daran, das Gesuchte schnell zu finden. Das mag den ein oder anderen erschrecken oder ins Grübeln bringen, trotzdem: Relevante Inhalte sind das erste und nicht selten das einzige, worauf 78 Prozent der Seitenbesucher achten[3]. Werbung, Animationen, schlichtweg alles, was bunt ist und sich bewegt, wird von jedem fünften Besucher komplett ignoriert, teilweise sogar vom Wahrnehmungsfilter regelrecht ausgeblendet (User Experience).

Besucher einer Website haben in der Regel ein sehr konkretes Ziel. Sie wollen:

  • eine Information finden,
  • ein Problem gelöst bekommen,
  • etwas erledigen,
  • oder etwas kaufen.

Dabei sind Besucher nicht gerade tolerant. Innerhalb von maximal zehn Sekunden wollen sie verstanden haben:

  • wo sie sind,
  • was sie erwartet,
  • ob sie ihr Ziel erreichen bzw. ihre Aufgabe lösen können.

Besucher sind eigennützig: Sie wollen belohnt werden. Geschieht das innerhalb der ersten zehn Sekunden nicht oder nur unterhalb ihres Erwartungshorizonts, dann wartet schon der nächste "Googlehupf" geduldig hinter dem Zurück-Button.

Natürlich spielen auch Ladezeiten eine gewichtige Rolle, zurückhaltendes Design, Zugänglichkeit, eine logische Navigation - eben die komplette Bandbreite der Web Usability. Vor all dem kommt jedoch der Text: Erst wenn der Besucher findet, wonach er sucht, wendet er sich Grafiken und der Navigation zu.

Dann nimmt auch seine Toleranz deutlich zu. Zwar sinkt seine Geduld immens, wenn er gezwungen ist, etwas zu erledigen (z. B. die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor dem Kauf eines Produkts zu lesen). Aber wenn er etwas liest, wonach er gesucht hat, nimmt er eine zunehmend entspannte Haltung ein, vertieft sich in die Inhalte und nimmt dabei auch Schwächen bei der Web-Usability billigend in Kauf. Je weniger Schwächen die Seite jedoch aufweist, umso mehr konzentrierte Aufmerksamkeit kann der Besucher den Inhalten entgegen bringen.

Wer nun jedoch denkt, dass Grafiken und Fotos überflüssig wären, ist auf dem Irrweg. Das Poynter-Institut der Universität Stanford testete das Rezeptionsverhalten von über 400 Lesern, indem ihnen der Bericht eines Flugzeugabsturzes in vier verschiedenen Varianten vorgelegt wurde:

  1. als reine Textversion
  2. als Version aus Text und Bild
  3. als Version aus Text und Grafik
  4. und als Version aus Text, Grafik und Bild.

Das Resultat: Die reine Textversion wurde am wenigsten verstanden und im Gedächtnis behalten; auch waren die Leser am wenigsten emotional berührt. Die stärksten Gefühle wurden durch Fotos ausgelöst. Das größte Verständnis der Zusammenhänge bewirkte die Grafik. Diejenigen Leser, die die Informationen über alle drei Kanäle Text, Grafik und Bild aufgenommen hatten, konnten Fragen zum Flugzeugabsturz am präzisesten beantworten und hatten die stärkste emotionale Verbindung dazu.

Erfolgreiche, zielgerichtete Kommunikation führt sich am effektivsten über einen fruchtbaren Dialog - im Web nennt sich das auch Interaktivität. Wenn der Besucher in Passivität verfällt, kommt kein Kontakt zustande. Wer den Besucher von vornherein an die Hand nimmt und ihn am kommunikativen roten Faden entlangführt, der hat sozusagen den roten Teppich ausgerollt - zum Kontakt, Feedback oder Kauf sind es dann nur noch wenige Schritte. Wer vorher abbricht, weil er stolpert, hat in der Regel nicht selbst daran Schuld. Abbruchquoten sind ein Usability-Problem.

Tipps für erfolgreiche Inhalte

  • Definiere deine Zielgruppe und behalte sie stets im Auge.
  • Frage dich, welche Probleme deiner Zielgruppe du lösen kannst, und konzentriere dich auf diese.
  • Setze auf Storytelling. Auch vermeintlich "trockene" Themen lassen sich unterhaltsam präsentieren.
  • Biete einen Mehrwert, indem du dich um Qualität und nicht um Quantität bemühst.
  • Sei Dir bewusst, dass es viele Formen von Inhalten gibt und nutze diese Vielfalt im Medienmix.
  • Pflege Deine Inhalte. Produziere regelmäßig neue Inhalte und bleib auf dem neuesten Stand.
  • Achte auf SEO, aber denk daran, dass Du letztlich für Menschen schreibst, nicht für Suchmaschinen.


Stefan Münz schrieb 2001:

Webautoren, die etwas mehr Zeit investieren können, erhalten einen bedeutenden Mehrwert, wenn sie Fließtexte so verfassen, dass sie ohne zusätzliche Bilder, Ton- oder Film-Dokumente auskommen. Solche Texte erleichtern allen Benutzern das Verständnis (die mitgegebenen multimedialen Inhalte sollten das Verständnis unterstützen und anreichern).

Für Menschen, die den Text nur überfliegen wollen oder Nutzer mit Einschränkungen wie einer Konzentrationsschwäche oder Legasthenie sollten nicht textliche Inhalte das Verständnis erleichtern.

So bist du als Autor einer Seite in der Lage sicherzustellen, dass Leser beispielsweise verstehen, warum ein Bild in die Seite eingebunden ist und welche Bedeutung es für den Fortgang Ihrer Argumentation besitzt. Sinnvoll aufgebaute Texte kommen allen Nutzern zugute.


Siehe auch


Weblinks

  1. Dieser Abschnitt ist eine überarbeitete Textübernahme aus dem Selfhtml-aktuell-Artikel Content Usability - die Macht der guten Inhalte – erschienen: 24.10.2002 von Marcus Völkel
    Inhalte sind ein wichtiger Identifikations- und Unterscheidungsfaktor zwischen den Angeboten im Netz. Dabei kommt es nicht auf die Menge des Inhalts an. Nur wenige verstehen es jedoch, ihre Inhalte so aufzubereiten, dass sie beim Empfänger ankommen – und dort ihre gewünschte Wirkung entfalten. Content Usability wird zu einem wesentlichen Erfolgsfaktor.
  2. Die zehn meist-missachteten Homepage-Design-Richtlinien (von Jakob Nielsen)
  3. EyeTrack Archives Poynter Project, Stanford University, Eyetrack-Studie 2000